Kennst du das, wenn du ein Foto gemacht hast und an den hellen Kanten plötzlich seltsame farbige Ränder auftauchen – oft violett oder grün? Das ist kein Zufall, sondern ein typischer Effekt, den man chromatische Aberrationen nennt. Dieser Farbfehler kann selbst bei teuren Objektiven vorkommen und sorgt dafür, dass Bilder unschärfer oder unnatürlich wirken.
Im Grunde passiert das, weil Licht aus verschiedenen Farben besteht, die im Objektiv leicht unterschiedlich gebrochen werden. Dadurch treffen sie nicht alle exakt am gleichen Punkt auf den Sensor – und schon entstehen die auffälligen Farbsäume.
Zum Glück kannst du diese Fehler nicht nur erkennen, sondern auch vermeiden oder nachträglich korrigieren. In diesem Artikel erfährst du verständlich erklärt, wie chromatische Aberrationen entstehen, wie du sie loswirst und warum du sie manchmal sogar kreativ nutzen kannst.
Was sind chromatische Aberrationen? – Eine einfache Erklärung für Einsteiger

Wenn du fotografierst, möchtest du, dass dein Bild so scharf und farbgetreu wie möglich ist. Doch manchmal entstehen an kontrastreichen Kanten – etwa zwischen Himmel und Baumästen – feine Farbränder. Diese nennt man chromatische Aberrationen. Der Begriff klingt kompliziert, beschreibt aber im Grunde einen simplen physikalischen Effekt: Licht wird beim Durchgang durch ein Objektiv unterschiedlich stark gebrochen – je nach Farbe oder Wellenlänge.
Das bedeutet, dass Blau, Grün und Rot nicht exakt am gleichen Punkt auf den Sensor treffen. Dadurch entstehen leichte Verschiebungen der Farben, die du als violette, blaue oder grünliche Säume siehst. Besonders auffällig sind sie bei starkem Gegenlicht oder sehr hellen Motiven vor dunklem Hintergrund.
Chromatische Aberrationen zählen zu den klassischen Abbildungsfehlern von Objektiven. Sie lassen sich technisch nie ganz vermeiden, weil Glas Licht unterschiedlich bricht. Moderne Objektive und Software können diese Effekte aber deutlich reduzieren.
Wie entstehen chromatische Aberrationen in Objektiven?
Die Ursache liegt in der Physik der Lichtbrechung. Wenn Licht durch eine Linse fällt, wird es gebrochen – also abgelenkt. Da jede Farbe eine andere Wellenlänge hat, werden sie unterschiedlich stark gebrochen. Rot wird weniger stark abgelenkt als Blau, weshalb die Farben nicht exakt an derselben Stelle fokussiert werden.
Die Stärke des Effekts hängt von mehreren Faktoren ab:
- Brennweite: Teleobjektive sind meist stärker betroffen als Weitwinkel.
- Blendenöffnung: Bei weit geöffneter Blende treten Farbfehler häufiger auf.
- Objektivkonstruktion: Günstige Linsen mit einfachen Glasarten zeigen mehr Aberrationen.
Hochwertige Objektive nutzen spezielle ED- oder APO-Gläser, um die Lichtstrahlen besser zu bündeln. Diese Materialien brechen die verschiedenen Farben nahezu gleich stark, wodurch der Farbfehler deutlich geringer ausfällt. Auch die Kombination mehrerer Linsenelemente hilft, den Effekt zu kompensieren.
Typen chromatischer Aberrationen: Axial vs. laterale Farbfehler
Chromatische Aberrationen treten in zwei unterschiedlichen Formen auf – axial und lateral. Beide entstehen durch denselben physikalischen Effekt, zeigen sich aber unterschiedlich im Foto.
Axiale chromatische Aberration (auch longitudinale genannt) tritt auf, wenn verschiedene Farben in der Tiefe unterschiedlich fokussiert werden. Du erkennst sie daran, dass vor oder hinter dem Fokuspunkt Farbsäume erscheinen – meist violett im Vordergrund und grünlich im Hintergrund. Sie ist besonders bei lichtstarken Objektiven und offener Blende sichtbar.
Laterale chromatische Aberration (auch transversale) zeigt sich dagegen an den Bildrändern. Hier verschieben sich die Farben seitlich, sodass rote, grüne oder blaue Linien neben scharfen Kanten auftauchen.
Zur Unterscheidung:
| Typ | Ort im Bild | Typische Farben | Ursache |
|---|---|---|---|
| Axial | Bildmitte / Tiefe | Violett & Grün | Unterschiedlicher Fokus |
| Lateral | Bildränder | Rot, Grün, Blau | Unterschiedliche Vergrößerung |
Beide Arten mindern die Bildqualität, lassen sich aber mit moderner Technik und Nachbearbeitung gut korrigieren.
Wie du chromatische Aberrationen in deinen Fotos erkennst

Um chromatische Aberrationen zu erkennen, musst du deine Fotos aufmerksam betrachten – am besten in voller Auflösung. Schau dir helle Konturen vor dunklem Hintergrund an, zum Beispiel Zweige vor dem Himmel, metallische Kanten oder Reflexionen. Wenn du dort feine, farbige Linien siehst, handelt es sich fast sicher um Farbfehler.
Diese Farbsäume sind oft violett, blau oder grün und verlaufen parallel zu scharfen Kanten. Sie treten besonders stark auf, wenn du mit offener Blende oder im Gegenlicht fotografierst. In manchen Fällen sind sie so fein, dass du sie erst bei starker Vergrößerung bemerkst.
Ein Tipp: Öffne dein Bild in einem RAW-Konverter und zoome auf 100 %. Wenn du siehst, dass sich Farbkanäle leicht gegeneinander verschoben haben, liegt eine laterale Aberration vor. Ist der Farbsaum abhängig vom Fokus, handelt es sich um eine axiale Aberration.
Das frühzeitige Erkennen hilft dir, beim nächsten Shooting gezielt gegenzusteuern oder die passenden Korrekturen vorzunehmen.
Tipps zur Vermeidung von Farbfehlern schon beim Fotografieren
Mit ein paar einfachen Tricks kannst du chromatische Aberrationen schon bei der Aufnahme minimieren.
- Blende leicht schließen: Statt mit f/1.8 oder f/2.8 kannst du mit f/4 oder f/5.6 fotografieren. Dadurch werden Farbfehler an den Rändern deutlich reduziert.
- Gegenlicht vermeiden: Fotografiere nicht direkt in die Sonne oder helle Lichtquellen – dort treten Farbsaumeffekte am stärksten auf.
- RAW statt JPEG: Im RAW-Format bleiben mehr Bildinformationen erhalten, die du später leichter korrigieren kannst.
- Hochwertige Objektive nutzen: Modelle mit ED-, UD- oder APO-Gläsern reduzieren Aberrationen schon optisch.
- Zoom-Objektive bewusst einsetzen: Am besten in mittlerem Brennweitenbereich, da extreme Enden oft anfälliger sind.
Auch der Bildausschnitt spielt eine Rolle. Bei kontrastreichen Übergängen lohnt es sich, leicht zu variieren, um störende Ränder zu vermeiden. Wenn du das beachtest, sparst du dir später viel Arbeit in der Nachbearbeitung.
Chromatische Aberrationen in der Nachbearbeitung korrigieren

Selbst wenn du beim Fotografieren alles richtig machst, können sich Farbfehler einschleichen. Zum Glück lassen sich chromatische Aberrationen heute mit fast jeder Bildbearbeitungssoftware leicht entfernen.
In Adobe Lightroom findest du im Entwickeln-Modul unter „Objektivkorrekturen“ die Option „Chromatische Aberration entfernen“. Ein Häkchen genügt oft schon, um Farbsäume automatisch zu beseitigen. In hartnäckigen Fällen kannst du zusätzlich manuell den Farbton und die Stärke anpassen.
Photoshop, Capture One und andere Programme bieten ähnliche Werkzeuge. Besonders hilfreich ist die Kombination aus „Kantenkorrektur“ und „Farbverschiebung reduzieren“. Bei RAW-Dateien funktioniert das besonders präzise, weil alle Farbinformationen erhalten bleiben.
Achte darauf, die Korrektur nicht zu stark einzusetzen – sonst können feine Farbübergänge verloren gehen. Mit etwas Übung bekommst du saubere Kanten und natürlich wirkende Farben hin, ganz ohne störende Farbränder.
Objektive und Filter, die besonders gut gegen chromatische Aberrationen schützen
Nicht jedes Objektiv ist gleich anfällig für chromatische Aberrationen. Hochwertige Modelle nutzen spezielle Glasarten, um Licht in allen Farben möglichst gleichmäßig zu brechen.
- ED-Gläser (Extra-low Dispersion): Minimieren die Farbzerstreuung und sorgen für präzise Farbwiedergabe.
- UD- oder Super-UD-Elemente: Kommen häufig in Canon-Objektiven zum Einsatz und reduzieren Farbfehler effektiv.
- Apochromatische (APO) Objektive: Sie korrigieren gleich drei Lichtfarben statt nur zwei – besonders vorteilhaft bei Teleobjektiven.
Auch Softwarekorrekturen in modernen Kameras helfen, Farbfehler bereits beim Speichern zu reduzieren. Bei spiegellosen Systemen werden Objektivdaten oft automatisch ausgewertet, um chromatische Aberrationen digital zu korrigieren.
Filter hingegen helfen nur begrenzt, da sie die Lichtbrechung nicht beeinflussen. Der beste Schutz bleibt also ein gutes Objektiv – oder die Kombination aus optischer Qualität und nachträglicher Korrektur.
Wann Farbfehler sogar kreativ genutzt werden können
Manchmal kann ein technischer Fehler zum gestalterischen Stilmittel werden. Chromatische Aberrationen erzeugen auffällige Farbsäume, die bei bewusster Nutzung einen Retro- oder Lo-Fi-Look vermitteln können.
In der digitalen Kunst oder bei experimenteller Fotografie werden solche Effekte gezielt eingesetzt, um Spannung oder Tiefe zu erzeugen. Ein leichtes Farbversatz an den Rändern kann den Eindruck von Bewegung oder Unschärfe verstärken.
Auch einige Filter und Apps simulieren diesen Effekt absichtlich – besonders bei Vintage-Looks oder Filmsimulationen. Wichtig ist, dass du den Effekt kontrolliert einsetzt: Ein Hauch von Farbsäumen kann interessant wirken, zu viel davon sieht schnell wie ein Fehler aus.
So wird aus einem klassischen Linsenproblem plötzlich ein kreatives Stilmittel, das deinem Foto Charakter verleiht.
Fazit: Chromatische Aberrationen verstehen und gezielt beherrschen
Chromatische Aberrationen gehören zu den kleinen Herausforderungen der Fotografie – aber auch zu den spannendsten. Wenn du weißt, wie sie entstehen und wie du sie erkennst, kannst du deine Technik gezielt anpassen und Farbfehler deutlich reduzieren. Mit dem richtigen Objektiv, einer bewussten Blendenwahl und etwas Feingefühl bei der Nachbearbeitung bekommst du saubere, kontrastreiche Bilder ohne störende Farbsäume.
Gleichzeitig lohnt es sich, mit diesen Effekten zu experimentieren. Spiele mit Licht, Kontrast und Brennweite, um zu sehen, wie sich chromatische Aberrationen unter verschiedenen Bedingungen zeigen. So lernst du dein Equipment besser kennen – und vielleicht entdeckst du sogar kreative Wege, sie gestalterisch einzusetzen. Am Ende zählt, dass du verstehst, was hinter dem Effekt steckt, und ihn so einsetzt, dass deine Fotos genau den Ausdruck haben, den du dir wünschst.
FAQ – Häufige Fragen und Antworten
Hier habe ich noch Antworten auf häufige Fragen zu diesem Thema zusammengestellt:
Treten chromatische Aberrationen nur bei digitalen Kameras auf?
Nein, chromatische Aberrationen entstehen durch die optische Konstruktion von Linsen – sie treten also sowohl bei analogen als auch bei digitalen Kameras auf. Digitalkameras machen die Farbsäume nur sichtbarer, weil moderne Sensoren sehr scharf abbilden.
Haben Festbrennweiten weniger Probleme mit chromatischen Aberrationen als Zoomobjektive?
In der Regel ja. Festbrennweiten besitzen eine einfachere Linsenkonstruktion und sind oft besser korrigiert. Zoomobjektive müssen viele Kompromisse eingehen, wodurch Farbfehler stärker auftreten können – besonders an den Brennweitenenden.
Kann ich chromatische Aberrationen schon im Kameramenü korrigieren lassen?
Viele moderne Kameras bieten eine Option zur automatischen Korrektur von chromatischen Aberrationen. Sie funktioniert gut bei JPEG-Aufnahmen, greift aber nicht bei RAW-Dateien – dort musst du die Korrektur später in der Software aktivieren.
Verursachen Filter wie UV- oder Polfilter mehr chromatische Aberrationen?
In den meisten Fällen nicht. Hochwertige Filter sind farbneutral und gut vergütet. Billige oder schlecht beschichtete Filter können jedoch Reflexionen und zusätzliche Lichtbrechungen verursachen, die Farbfehler verstärken.
Welche Rolle spielt der Sensor einer Kamera bei chromatischen Aberrationen?
Der Sensor selbst verursacht keine chromatischen Aberrationen, kann sie aber verstärken, wenn er eine sehr hohe Auflösung hat. Je feiner der Sensor auflöst, desto sichtbarer werden kleinste optische Fehler des Objektivs. Eine gute Objektiv-Sensor-Kombination ist daher entscheidend.





